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E-Invoicing: Der lange Weg zur europäischen elektronischen Rechnung

E-Invoicing: Der lange Weg zur europäischen elektronischen Rechnung

Inhaltsübersicht:


XRechnung, ZUGFeRD 2.0 bzw. Factur-X in Deutschland und Frankreich, »ZUGFeRCH« in der Schweiz, Svefaktura in Schweden, e-Fatura und das SII (Sistema de Suministro Inmediato de Informacion) in Spanien, FatturaPA XML und SdI (Sistema di Interscambio) in Italien, System NAV (Nemzeti Adó- és Vámhivatal) in Ungarn und eine am 27. November 2018 in Kraft getretene EU-Norm EN16931: Bei so vielen verschiedenen E-Rechnungsformaten und -systemen sowie be- oder in Kürze anstehenden Verpflichtungen zu elektronischen Übermittlungsverfahren kann man in Europa leicht den Überblick verlieren. Auch international kommen immer mehr Vorgaben dazu1. Doch was bedeutet das für Unternehmen? Sind deren Finanzabteilungen sowie Softwarelösungen darauf vorbereitet? Wie sieht es mit einem alles vereinfachenden europäischen Standard aus? Und was können AFI Lösungen in diesem Zusammenhang leisten?
 

Die öffentliche Verwaltung als Treiber der Digitalisierung

Verschiedene E-Invoicing-Formate und -Verfahren, neue EU-Richtlinien zu E-Rechnungen oder länderspezifische Übermittlungsvorgaben bringen viele Veränderungen für Unternehmen in Europa mit. Die öffentliche Verwaltung hat die Vorteile der Digitalisierung erkannt und treibt diese konsequent voran. Staatliche Organe können in ihrer Position auch entsprechend Druck auf ihre Geschäftspartner aus der Wirtschaft ausüben, die ohne Teilnahme am elektronischen Austauschverfahren etwa nicht an öffentlichen Ausschreibungen teilnehmen können. 

Aktuelles zum Thema: »E-Rechnungspflicht? Die Zukunft der E-Rechnung in Deutschland«

Vorteile von E-Invoicing

Die Vorteile solcher E-Invoicing-Verfahren stellen sich relativ eindeutig dar – sofern alle mitspielen. Verglichen mit papierbasierten Prozessen ließen sich laut einer Billentis-Studie auf dem elektronischen Weg alleine bei der Sicherstellung der Steuerkonformität 8 bis zu 38 Prozent an Kosten einsparen.2 Die europäische Kommission schätzt das Einsparvolumen allein in Deutschland auf 30 bis 40 Euro pro elektronischer Rechnung, was einer durchschnittlichen jährlichen Entlastung von 4,3 bis 8,9 Milliarden Euro entspräche.3 Zudem werden gleichzeitig Umweltressourcen geschont.
 

Nationale Vorgaben in Europa

In vielen Fällen haben nationale Regierungen obligatorische elektronische Übermittlungsverfahren, Clearance-Modelle oder steuerrechtliche Meldepflichten eingeführt, um etwa einer »Schattenwirtschaft« oder dem Steuerbetrug zuvorzukommen. Zum Beispiel ist es seit dem 01.01.2019 in Italien für alle Transaktionen zwischen in Italien gegründeten Privatunternehmen und den dortigen Behörden gesetzlich vorgeschrieben, Rechnungen im hierfür vorgesehenen XML-Format FatturaPA zu erzeugen und über die dafür erstellte Austauschplattform SdI zu übermitteln. Größere Unternehmen sollen ihr ERP-System über eine Schnittstelle direkt an das SdI anbinden können, um die Verarbeitung von Rechnungen und den dazugehörigen Rückmeldungen zu automatisieren. In Spanien (seit dem 01.07.2017) und Ungarn (seit dem 01.08.2018) gelten bereits Meldesysteme für eine Umsatzsteuerübermittlung in Echtzeit, was elektronische Rechnungen und Rechnungssysteme voraussetzt. Wird in diesen Ländern der Fiskus nicht rechtzeitig oder gar nicht informiert, drohen Strafzahlungen.
 

E-Rechnungen: Wer, wie, was?

Es tut sich also gerade viel im Bereich E-Government bzw. E-Invoicing in Europa. Unternehmen müssen aufmerksam bleiben, um nicht den Anschluss zu verpassen. Die aktuelle Berichterstattung dazu scheint allerdings nicht besonders laut stattzufinden. Man muss offenbar erst einmal in einschlägigen News-Portalen sowie Blogs stöbern, um Informationen zu den jüngsten Entwicklungen auf dem E-Rechnungsmarkt zu erhalten. Ob alle Unternehmen bereits Bescheid wissen sei einmal dahingestellt. Jedoch scheinen Fragen naheliegend, wie etwa, ob das eigene Unternehmen im Zusammenhang mit FatturaPA XML, EN16931 und Co. bereits gut aufgestellt ist. Können die eigenen Rechnungsverarbeitungslösungen oder ERP-Systeme die jetzigen und kommenden EU- sowie Länder-Vorgaben und Übermittlungsverfahren überhaupt abbilden? Und was ist eigentlich mit einem europäischen Standard für E-Invoicing, der länderspezifische Anpassungen obsolet machen würde?

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Europa auf dem Weg zur E-Rechnung

Für die Antworten lohnt sich ein kleiner Rückblick. Mit der am 26.05.2014 in Kraft getretenen Richtlinie 2014/55/EU4 wurde das Ziel verfolgt, den aufkommenden Trend zum E-Invoicing zu kanalisieren, zu fördern und mit dem Blick auf die Europäische Union einen stabilen sowie flexiblen Rahmen zu geben.5 Mit der in Folge erarbeiteten europäischen Norm EN16931 wurde eine einheitliche Grundlage geschaffen, um Rechnungen elektronisch strukturiert abzubilden. Damit sich weiterhin nationale und anwendergruppenspezifische Anforderungen abbilden lassen, bietet die Norm die Möglichkeit der CIUS (Core Invoice Usage Specification).

Die Definition eines semantischen Datenmodells für die Kernelemente einer elektronischen Rechnung ermöglicht es, das Kernmodell einer EN16931-konformen Rechnung gemäß der Norm exakter zu spezifizieren. Somit wird die grundlegende und einheitliche Verarbeitungsmöglichkeit einer elektronischen Rechnung sichergestellt. Anwendergruppen mit gemeinsamen Anforderungen bietet sich damit die Möglichkeit, ihren Rechnungsverarbeitungsprozess über eine eigene CIUS weiter zu automatisieren.

Um nun die Verbreitung und die aus einer einheitlichen Rechnungsstruktur entstehenden Vorteile zu fördern, wurde beschlossen, die öffentlichen Auftraggeber der Mitgliedstaaten zu verpflichten, EN16931-konforme Rechnungen elektronisch anzunehmen und zu verarbeiten. Die hierfür festgesetzten Fristen finden Sie im Infoblock »Umsetzungsfristen«.
 

Erste Annäherungen an einen »Standard«

Auf den ersten Blick ernüchternd stellt sich die Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht dar. Lediglich von sechs (Deutschland, Tschechien, Estland, Spanien, Frankreich und Portugal) der 28 Mitgliedstaaten wurden bereits Maßnahmen zur Umsetzung ergriffen. Davon abgesehen darf hier nicht außer Acht gelassen werden, dass in vielen Ländern bereits seit Längerem das Thema E-Government durch entsprechende Gesetze vorangetrieben wird und in vielen Fällen nur die Ergänzung um die Richtlinie noch aussteht.

In der Gesetzgebung der Länder wird größtenteils erkennbar, dass der Spielraum der Richtlinie genutzt wird, um E-Invoicing über die Vorgaben der Richtlinie hinaus voranzutreiben.
Deutschland zum Beispiel nutzt den Freiraum und verpflichtet mit der »Verordnung über die elektronische Rechnungsstellung im öffentlichen Auftragswesen des Bundes« auch Rechnungssteller EN16931-konforme Rechnungen an öffentliche Auftraggeber ab dem 27.11.2020 elektronisch auszustellen und zu übermitteln.

Auch unser Nachbar am anderen Ufer des Rheins forciert mit seiner Gesetzgebung das E-Invoicing und wird die bisherige Gesetzgebung voraussichtlich in den kommenden Monaten um die ergänzenden Anforderung der Richtlinie erweitern. Mit der französischen Verordnung »Ordonnance n°2014-697 du 26 juin 2014 relative au développement de la facturation électronique« existiert die Pflicht zur elektronischen Rechnungsstellung nämlich bereits seit dem 01.01.2017 (für Unternehmen mit mehr als 5.000 Angestellten).6
 

Europäische versus/und nationale Lösungen

Gemeinhin stellt sich im Kontext des elektronischen Datenaustausches die Frage, mit welchen Mitteln dieser erfolgt. Vorreiter im E-Government haben hierfür längst nationale Plattformen entwickelt. Um trotzdem dem europäischen Gedanken gerecht zu werden, verbinden inzwischen immer mehr Mitgliedstaaten ihre Plattformen mit dem PEPPOL-Netzwerk (Pan-European Public Procurement OnLine), um einen einheitlichen Übertragungsweg anzubieten. Innerhalb des PEPPOL-Projekts werden offene Standards für öffentliche Ausschreibungs- und Beschaffungsverfahren entwickelt und gleichzeitig bereits existierende nationale Verfahren und Systeme berücksichtigt.7

Zumindest im öffentlichen Sektor werden sich EN16931-konforme Rechnungen im E-Invoicing durch die gesetzlichen Vorgaben durchsetzen. Sofern sich bei den ausstehenden Umsetzungen in nationales Recht der Trend fortsetzt, die Rechnungssteller zum Versand EN16931-konformer Rechnungen zu verpflichten, werden auch die übrigen Wirtschaftsteilnehmer ermutigt, die bisherigen mannigfaltigen vorhandenen Rechnungsformate innerhalb der EU in Zukunft zu konsolidieren.

AFI Invoice seit 2018 EN16931- und FatturaPA-konform

Nun kommen wir auf die Fragen am Anfang des Artikels zurück: Seit Herbst 2018 kann die Eingangsrechnungslösung AFI Invoice alle E-Rechnungsformate verarbeiten, die konform zur EU-Norm EN16931 sind. XRechnung wird durch die Lösung komplett unterstützt. Alle anderen EN16931-konformen CIUS werden dahingehend unterstützt, dass grundlegende Daten gemäß Norm ausgelesen und entsprechend verarbeitet werden können. 

Auch in Sachen FatturaPA kann AFI Solutions Entwarnung geben. Die Lösung AFI Invoice für Eingangsrechnungen verarbeitet das italienische Format mit einer modulbasierten Erweiterung seit November 2018. Italien entwickelt aber momentan eine eigene EN16931-konforme CIUS. Diese kann die AFI Lösung dann ebenfalls verarbeiten. Andere nationale Formate, die einige europäische Länder bereits vor der EU-Richtlinie im Einsatz hatten, wie etwa Svefaktura in Schweden oder e-Fatura in Spanien, werden im Produktstandard noch nicht unterstützt. Selbstverständlich lassen sich aber alle nationalen Formate weiterhin als kundenindividuelles Anpassungsprojekt umsetzen.
 

Infoblock Umsetzungsfristen

Die Umsetzungsfristen der Richtlinie wurden in Abhängigkeit zur Veröffentlichung der Fundstelle der europäischen Norm für die elektronische Rechnungsstellung und die Liste von Syntaxen festgesetzt. Die Veröffentlichung erfolgte im Amtsblatt der Europäischen Union auf Grundlage des Durchführungsbeschlusses 2017/1870.8 Folgende Umsetzungsfristen wurden somit für die Richtlinie 2014/55/EU festgelegt.

  • 18.04.2019 für zentrale öffentliche Auftraggeber
  • 18.04.2020 für subzentrale öffentliche Auftraggeber


Abhängig von der Umsetzung in nationales Recht können jedoch die Umsetzungsfristen in den Mitgliedstaaten abweichen.
Die Fristen zur Umsetzung wurden in Deutschland mit dem Gesetz »Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2014/55/EU über die elektronische Rechnungsstellung im öffentlichen Auftragswesen« wie folgt festgelegt:

  • 27.11.2018: Empfang elektronischer Rechnungen für öffentliche Auftraggeber
  • 27.11.2019: Empfang elektronischer Rechnungen für subzentrale öffentliche Auftraggeber
  • 27.11.2020: Verpflichtende elektronische Rechnungsstellung an öffentliche Auftraggeber


Die französische Umsetzung der Richtlinie erfolgte 2018. Allerdings bestand in Frankreich ohnehin bereits die Pflicht zur elektronischen Rechnungsstellung und zum Rechnungsempfang im Rahmen öffentlicher Aufträge (allerdings bisher ohne Zwang EN16931-konforme Rechnungen auszustellen).9

  • 01.01.2017: Elektronische Rechnungsstellungspflicht für Unternehmen mit mehr als 5.000 Angestellten
  • 01.01.2018: Elektronische Rechnungsstellungspflicht für Unternehmen mit 250 bis 5.000 Angestellten
  • 01.01.2019: Elektronische Rechnungsstellungspflicht für Unternehmen mit 10 bis 250 Angestellten
  • 01.01.2020: Elektronische Rechnungsstellungspflicht für Unternehmen mit weniger als 10 Angestellten
     

Quellen:

1Vgl. dazu Beitrag vom 20.04.2018 von Markus Hornburg auf ChannelPartner.de: „E-Rechnung: Deutschland hält das Tempo nicht mit“
2Billentis-Studie: „E-Rechnung 2017“
3Siehe Beitrag: „E-Rechnung: Deutschland hält das Tempo nicht mit“
4Richtlinie 2014/55/EU
5 Siehe: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1535118252802&uri=CELEX:32017D1870
6 Siehe: https://www.legifrance.gouv.fr/affichTexte.do?cidTexte=JORFTEXT000029140226&categorieLien=id
7 Siehe: https://peppol.eu/
8 Siehe: http://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger_BGBl&jumpTo=bgbl117s3555.pdf
9 Siehe: https://ec.europa.eu/cefdigital/wiki/pages/viewpage.action?pageId=75667304

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